Zum 1. Oktober 2022 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn von 12 Euro brutto pro Stunde. Dies hat der Bundestag am 3. Juni 2022 beschlossen; der Bundesrat hat das Gesetz eine Woche später gebilligt. Zudem wurde die so genannte Minijob-Grenze zum 1. Oktober 2022 auf 520 Euro angehoben. Genau genommen wurde die Grenze nun dynamisch ausgestaltet. Das heißt: Die Minijob-Grenze wird künftig berechnet, indem der Mindestlohn mit 130 vervielfacht, durch drei geteilt und auf volle Euro aufgerundet wird.
Ab dem 1. Oktober 2022 orientiert sich die Geringfügigkeitsgrenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zum gesetzlichen Mindestlohn. Damit ergeben sich 520 Euro (12 Euro x 130 / 3). Dieser Maßstab gilt auch bei künftigen Mindestlohnerhöhungen; die Minijobgrenze wächst also mit. Überschreitet der durchschnittliche Monatsverdienst die Minijob-Grenze, liegt kein Minijob mehr vor.
Für eine geringfügige Beschäftigung ist es unschädlich, wenn die Geringfügigkeitsgrenze nur gelegentlich und unvorhersehbar überschritten wird. Ab dem 1. Oktober 2022 werden die Möglichkeit und die Grenzen eines gelegentlichen und unvorhergesehenen Überschreitens der Geringfügigkeitsgrenze gesetzlich geregelt: "Gelegentlich" ist dann ein unvorhersehbares Überschreiten bis zu zwei Kalendermonaten innerhalb eines Zeitjahres. Darüber hinaus darf die Überschreitung maximal 520 Euro monatlich betragen, sodass auf Jahressicht ein maximaler Verdienst bis zur Höhe des 14-fachen der Minijob-Grenze möglich sein wird. Ein Minijobber darf also grundsätzlich 6.240 Euro über 12 Monate und in begründetem Ausnahmefall höchstens 7.280 Euro im Jahr verdienen.
Praxistipp: Die gesetzliche Festlegung des Mindestlohns weicht vom üblichen Erhöhungsverfahren ab. Eigentlich schlägt die so genannte Mindestlohnkommission, in der Gewerkschaften und Arbeitgeber vertreten sind, regelmäßig Anpassungen am Mindestlohn vor, die dann durch Rechtsverordnung umgesetzt werden. In 2022 lag der Mindestlohn zunächst bei 9,82 Euro, zum 1. Juli ist er turnusmäßig auf 10,45 Euro gestiegen. Einmalig zum Oktober 2022 wird er nun per Gesetz auf 12 Euro angehoben. Zukünftige Anpassungen werden dann wieder auf Vorschlag der Mindestlohnkommission erfolgen, heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzes.
Für ein Kind zwischen dem 18. und dem 25. Lebensjahr besteht Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird. Wenn ein Kind während der Ausbildung erkrankt und seine Ausbildung unterbrechen muss, führt dies zwar noch nicht unmittelbar zum Verlust des Kindergeldes. Etwas anderes gilt aber, wenn die Erkrankung länger als sechs Monate dauert. Dann ist im Einzelfall zu prüfen, ob mit einer Fortsetzung der Ausbildung noch zu rechnen ist oder nicht. Ist nicht mehr von einer Fortführung der Ausbildung auszugehen, wird das Kindergeld nicht mehr länger gewährt. Kürzlich hat der Bundesfinanzhof erneut zum Thema "Kindergeld für ein langfristig erkranktes Kind" Stellung genommen. Danach gilt: Eine Kindergeldgewährung wegen Berufsausbildung ist selbst dann nicht möglich, wenn das Ausbildungsverhältnis zwar fortbesteht, Ausbildungsmaßnahmen wegen einer langfristigen Erkrankung des Kindes aber unterbleiben (BFH-Urteil vom 15.12.2021, III R 43/20). Es ging um folgenden Sachverhalt: Ein junger Erwachsener erlitt während seiner Ausbildung einen schweren Unfall. Nach dem Krankenhausaufenthalt durchlief er verschiedene Reha-Maßnahmen, von denen die letzte 17 Monate nach dem Unfall begann. Das Finanzgericht sprach zwar Kindergeld für die ersten acht Monate nach dem Unfall zu, weil das Ausbildungsverhältnis fortbestanden habe und der Wille, die Ausbildung baldmöglichst fortzusetzen, in mehrfacher Hinsicht belegt sei. Der BFH ist jedoch anderer Auffassung: Ein Kind befinde sich nur dann in einer Berufsausbildung im steuerlichen Sinne, wenn es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Eine Unterbrechung der Ausbildung, zum Beispiel wegen einer Erkrankung, ist unschädlich, wenn diese vorübergehend ist. Wird die Erkrankung aber mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauern, kann das Kind nicht mehr wegen seiner Ausbildung berücksichtigt werden.
Die Vorinstanz muss nun klären, ob die sechs Monate übersteigende Erkrankungsdauer bereits in den ersten Monaten nach dem Unfall mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartet wurde. Falls zunächst aber doch eine schnellere Genesung möglich erschien, könnte der Kindergeldanspruch für diesen Zeitraum noch wegen des fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses begründet sein.
Praxistipp: Im Falle einer Erkrankung eines Kindes, das an sich ausbildungswillig ist, ist das voraussichtliche Ende der Erkrankung durch eine Bescheinigung des behandelnden Arztes nachzuweisen. Zudem sollte sehr frühzeitig eine schriftliche Erklärung an die Familienkasse erfolgen, dass der Wille des Kindes besteht, sich unmittelbar nach Wegfall der Hinderungsgründe um eine Berufsausbildung zu bemühen, sie zu beginnen oder fortzusetzen. Im Übrigen sollte geprüft werden, ob eventuell eine Behinderung des Kindes aufgrund der langen und schwerwiegenden Krankheit festzustellen ist. Gegebenenfalls käme dann doch eine Fortzahlung des Kindergeldes infrage.
Ab dem 1. September 2022 soll allen einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen einmalig eine Energiepreispauschale von 300 Euro als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt werden. Selbstständige erhalten einen Vorschuss über eine einmalige Kürzung ihrer Einkommensteuervorauszahlung. Bereits jetzt sind zahlreiche Zweifelsfragen zur Energiepreispauschale aufgekommen. Daher hat das Bundesfinanzministerium einen umfangreichen Fragen-Antworten-Katalog erstellt, der über die Homepage des BMF abrufbar ist (https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/2022-06-17-Energiepreispauschale.html).
Insbesondere wird erläutert, wer konkret anspruchsberechtigt ist, wie die Auszahlung an Arbeitnehmer durch Arbeitgeber erfolgt, was bei einem Wechsel des Dienstverhältnisses zu beachten ist, wann und wie die Energiepreispauschale zu versteuern ist und ob Arbeitnehmer, an die die Energiepreispauschale über den Arbeitgeber ausgezahlt wird, allein deshalb verpflichtet sind, eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Auch wird klargestellt, dass die Energiepreispauschale keine beitragspflichtige Einnahme in der Sozialversicherung darstellt und bei einkommensabhängigen Sozialleistungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist.
Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass auch geringfügig Beschäftige in den Genuss der Energiepreispauschale kommen können. Bei Minijobbern erfolgt die Auszahlung der Energiepreispauschale über den Arbeitgeber aber nur dann, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber vorher schriftlich bestätigt hat, dass es sich um das erste Dienstverhältnis handelt. Die Bestätigung ist zum Lohnkonto zu nehmen.
Praxistipp: Das BMF veröffentlicht hierzu folgendes Muster für eine Bestätigung: „Hiermit bestätige ich …..………… . (Arbeitnehmer), dass mein am 1. September 2022 bestehendes Dienstverhältnis mit ………………… (Arbeitgeber) mein erstes Dienstverhältnis (Haupt-Dienstverhältnis) ist. Mir ist bekannt, dass bei einer unrichtigen Angabe der Tatbestand einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit vorliegen kann. Hinweis: Die Energiepreispauschale steht jeder anspruchsberechtigten Person nur einmal zu, auch wenn im Jahr 2022 mehrere Tätigkeiten ausgeübt werden. In den Fällen einer geringfügigen Beschäftigung (Minijob) darf der Arbeitgeber die Energiepreispauschale nur dann an den Arbeitnehmer auszahlen, wenn es sich bei der Beschäftigung um das erste Dienstverhältnis (Haupt-Dienstverhältnis) handelt. Dadurch soll verhindert werden, dass die Energiepreispauschale an einen Arbeitnehmer mehrfach ausgezahlt wird.“
Familienangehörige sind unter bestimmten Bedingungen beitragsfrei in der Kranken- und Pflegeversicherung mitversichert. Die Familienversicherung setzt aber unter anderem voraus, dass das Gesamteinkommen des Familienangehörigen einen bestimmten Betrag nicht überschreitet. Konkret: Er darf "kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet". Derzeit beträgt diese Einkommensgrenze 470 Euro monatlich. Aufgrund der Erhöhung der Minijob-Grenze auf 520 Euro zum 1. Oktober 2022 wurde allerdings auch die Grenze für die Familienversicherung angepasst. Der Gesetzgeber verfügt in § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, dass ein regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen bis zur Geringfügigkeitsgrenze zulässig ist. Ab dem 1. Oktober 2022 ist folglich ein monatliches Gesamteinkommen bis zu 520 Euro für die Familienversicherung unschädlich ("Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung").
Praxistipp: Nicht ganz klar ist, wie oft die Grenze überschritten werden darf, ohne dass die Familienversicherung gefährdet ist. Sie sollten aber davon ausgehen, dass entsprechend der Neuregelung zu den Minijobs wohl nur ein zweimaliges Überschreiten pro Jahr (mit jeweils maximal 520 Euro) erlaubt ist. Die Sozialversicherungsträger werden zu dieser Frage sicherlich noch Stellung nehmen.
Zieht ein Mieter aus einer Wohnung aus und werden die Räumlichkeiten anschließend wieder vermietet, so können eventuelle Renovierungskosten selbstverständlich als Werbungskosten abgezogen werden. Manchmal wird die Wohnung nach dem Auszug des letzten Mieters aber durch den Eigentümer selbst genutzt. Dann stellt sich die Frage, ob die Renovierungskosten dennoch als Werbungkosten berücksichtigt werden dürfen. Das Finanzgericht Hamburg hat dazu in einem aktuellen Urteil folgende Grundsätze aufgestellt (Urteil vom 5.11.2021, 2 K 163/19):
Im Regelfall können Renovierungskosten, die nach tatsächlichem Auszug des Mieters getätigt werden, als vorweggenommene Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie im Hinblick auf eine vom Steuerpflichtigen beabsichtigte Anschlussvermietung getätigt werden. Eine Berücksichtigung von Renovierungskosten, die nach Auszug des Mieters entstanden sind, ist hingegen regelmäßig in den Fällen ausgeschlossen, in denen sich an die bisherige Vermietung der Wohnung eine Eigennutzung durch den Vermieter anschließt.
Besteht die Vermietungsabsicht im Zeitpunkt der vorgenommenen Renovierung nicht fort, können Aufwendungen unter bestimmten Voraussetzungen dennoch ausnahmsweise als nachträgliche Werbungskosten aus Vermietung angesehen werden. Dafür müssen die Kosten wiederum in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der früheren Vermietung stehen. Beispiel: Malerarbeiten sind in erster Linie durch die Abnutzung der Wohnung durch den vormaligen Mieter verursacht worden. Die vom Mieter verursachte Abnutzung und die dadurch erforderliche Renovierung dürfen aber nicht von der Tatsache überlagert werden, dass der Renovierungsaufwand vornehmlich dazu dient, die Wohnung in der Zukunft nutzen zu können. Aufwendungen für Reparaturen können im Einzelfall auch dann als Werbungskosten zu berücksichtigen seien, wenn sie zur Beseitigung eines Schadens getätigt wurden, der die mit dem gewöhnlichen Gebrauch der Mietsache verbundene Abnutzung deutlich übersteigt, etwa bei mutwilligen Schäden.
Praxistipp: In den Fällen, in denen ein Abzug der Kosten dem Grunde nach möglich ist, trägt der Steuerpflichtige die Darlegungs- und Beweislast. Das heißt, es muss - zum Beispiel anhand von Fotos und Zeugenaussagen - nachgewiesen werden, dass die Schäden tatsächlich durch die vorherige Nutzung veranlasst sind und deren Reparatur nicht aufgrund der beabsichtigen Eigennutzung vorgenommen wird.
Praxistipp: Im Ausnahmefall kann es vorkommen, dass zwar zunächst die Absicht besteht, die Wohnung wieder zu vermieten, sich dieser Entschluss aber ändert und die Wohnung dann doch selbstgenutzt wird. Wer in einem solchen Fall nachweisen kann, dass die Vermietungsabsicht tatsächlich bestanden kann, darf die Instandhaltungskosten eventuell doch abziehen, da die Absicht der Vermietung die tatsächliche Nutzung überlagert. Aber: Ein solcher Sachverhalt bedarf gegenüber dem Finanzamt
Der Bundestag hat am 12.5.2022 das Steuerentlastungsgesetz 2022 verabschiedet, der Bundesrat hat dem Gesetz am 20.5.2022 zugestimmt. Folgende Maßnahmen wurden beschlossen:
Wie oben berichtet haben Bundestag und Bundesrat das Steuerentlastungsgesetz 2022 beschlossen. Die meistdiskutierte Maßnahme ist dabei wohl die Einführung einer Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro. Die Auszahlung erfolgt ab dem 1.9.2022 an Steuerpflichtige. Die Auszahlung der Energiepreispauschale über den Arbeitgeber ist folgendermaßen geregelt:
§ 118 EStG enthält die Regelung zur Auszahlung der Energiepreispauschale für die Einkommensteuer-Vorauszahlenden. Einkommensteuer-Vorauszahlungen werden quartalsweise festgesetzt. Die bereits für das dritte Quartal 2022 festgesetzten Vorauszahlungen der Anspruchsberechtigten werden für den 10.9.2022 jeweils um 300 Euro gekürzt. Bei Anspruchsberechtigten, für die für den 10.9.2022 weniger als 300 Euro an Vorauszahlungen festgesetzt wurden, mindert die Energiepreispauschale die Vorauszahlungen auf 0 Euro.
Bei Steuerpflichtigen, die nicht Arbeitnehmer sind, gilt die Energiepreispauschale als Einnahme im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG für den Veranlagungszeitraum 2022 und erhöht dort diese Einkünfte um 300 Euro. Die sonst übliche Freigrenze des § 22 Nr. 3 EStG von 256 Euro findet allerdings keine Anwendung. Damit soll ausgeschlossen werden, dass eine Zusammenrechnung von negativen Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG mit der Energiepreispauschale deren Besteuerung verhindert. Die Energiepreispauschale gehört nicht zu Gewinneinkünften. Damit wird auch eine Gewerbesteuerpflicht der Energiepreispauschale ausgeschlossen.
In den Fällen des § 40a EStG, also bei kurzfristig oder geringfügig Beschäftigten mit pauschal besteuertem Arbeitslohn, wird aus Vereinfachungsgründen und zur Vermeidung möglicher Wechselwirkungen auf eine Besteuerung der Energiepreispauschale verzichtet.
Der Bundestag hat am 19.5.2022 das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz verabschiedet; der Bundesrat hat dem Gesetz zugestimmt. Unter anderem wurden folgende Maßnahmen beschlossen:
Arbeitnehmer dürfen ihre Fahrten zur Arbeit, das heißt zur ersten Tätigkeitsstätte, nur mit der Entfernungspauschale steuerlich geltend machen. Mit dieser Pauschale sind alle gewöhnlichen Aufwendungen abgegolten, und zwar auch die Parkgebühren für das Abstellen des Kfz während der Arbeitszeit. Erstattet der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer die Parkgebühren, wird insoweit Arbeitslohn angenommen, der der Lohnsteuer unterliegt. Hat ein Arbeitnehmer indes die Möglichkeit, sein Kfz kostenlos auf dem Firmengelände seines Arbeitgebers abzustellen, gilt dies nicht als geldwerter Vorteil, der zu versteuern wäre (Finanzministerium Nordrhein-Westfalen vom 28.9.2006, S 2334 - 61 - VB 3). Damit werden die beiden Fälle steuerlich unterschiedlich behandelt. Das heißt: "Unterm Strich" ist zwar keiner der beiden Arbeitnehmer mit Parkgebühren belastet, doch im ersten Fall muss der Arbeitnehmer auf die Erstattung der Parkgebühren vielleicht 30 oder 35 Prozent Lohnsteuer und obendrein noch Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Dabei kann er die Parkgebühren nicht einmal gesondert als Werbungskosten abziehen. Das erscheint äußerst ungerecht.
Das Niedersächsische Finanzgericht konnte sich in einem aktuellen Urteil allerdings nicht dazu durchringen, diese vermeintliche Ungerechtigkeit zu beseitigen. Es hat entschieden, dass die Erstattung von Parkgebühren an Arbeitnehmer bei diesen zu Arbeitslohn führt, wenn die Kosten bereits mit der gesetzlichen Entfernungspauschale abgegolten sind (Urteil vom 27.10.2021, 14 K 239/18). Die Klägerin ist eine Krankenhausgesellschaft. An einem ihrer Standorte verfügte sie über keinen eigenen Parkplatz. Der gegenüber dem Klinikgelände gelegene Parkplatz wurde von einem Fremdanbieter betrieben und war entsprechend kostenpflichtig. Um der Forderung des Betriebsrats nach kostenfreien Parkplätzen für die Klinikbelegschaft nachzukommen, erstattete die Klägerin den Beschäftigten, die den kostenpflichtigen Parkplatz am Krankenhaus nutzten, gegen Nachweis die Parkgebühren. Nach Ansicht des Finanzamts und des Finanzgerichts waren diese Erstattungen lohnsteuerpflichtig. Das Urteil ist rechtskräftig.
Nach § 35c des Einkommensteuergesetzes werden bestimmte energetische Maßnahmen am Eigenheim steuerlich gefördert. Werden die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, können 20 Prozent der Aufwendungen direkt von der Steuerschuld abgezogen werden. Maximal sind 40.000 Euro je Objekt abzugsfähig, und zwar verteilt über 3 Jahre: 7 Prozent im ersten und zweiten Jahr, höchstens jeweils 14.000 Euro, und 6 Prozent im dritten Jahr, höchstens 12.000 Euro. Das begünstigte Objekt muss bei Beginn der energetischen Maßnahme älter als zehn Jahre sein. Die Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen kann zudem nur in Anspruch genommen werden, wenn die Bescheinigung eines Fachunternehmens nach amtlichem Muster vorliegt. Welches Unternehmen als "Fachunternehmen" in diesem Sinne gilt, ist wiederum in § 2 Absatz 1 ESanMV (Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung) geregelt. Als energetische Maßnahmen sind nicht nur Wärmedämmungen, die Erneuerung von Fenstern und Außentüren oder die Erneuerung der Heizungsanlage förderfähig, sondern seit dem Jahre 2021 auch der "sommerliche Wärmeschutz" (Anlage 4a zur ESanMV). Gefördert wird der Ersatz oder erstmalige Einbau von außenliegenden Sonnenschutzeinrichtungen mit optimierter Tageslichtversorgung zum Beispiel über Lichtlenksysteme oder strahlungsabhängige Steuerung. Wichtig: Es ist nicht per se jeder Wärmeschutz begünstigt. Vielmehr sind die Vorgaben der DIN 4108-2:2013-02 zum sommerlichen Mindestwärmeschutz einzuhalten. Interessierte Immobilienbesitzer sollten daher frühzeitig mit einem Fachunternehmen besprechen, ob die Vorgaben eingehalten werden können.
Die Finanzverwaltung ist der Ansicht, dass Kryptowährungen Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG sein können und "Veräußerungsgewinne" daher der Einkommensteuer unterliegen. Ein Gewinn ist also auch dann zu versteuern, wenn das Geschäft im Privat- und nicht im Betriebsvermögen abgewickelt wird. Jüngst haben sowohl das Finanzgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 11.6.2021, 5 K 1996/19) als auch das Finanzgericht Köln (Urteil vom 25.11.2021, 14 K 1178/20) die Auffassung der Finanzverwaltung gestützt. Bei Kryptowährungen wie zum Beispiel Bitcoin, Ethereum und Monero handele es sich um "andere Wirtschaftsgüter". Die Qualifikation als Wirtschaftsgut verstoße nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, da über den Gegenstand des Wirtschaftsguts keine Unklarheiten bestünden. Die Kryptowerte seien verkehrsfähig und selbstständig bewertbar. Zudem bestehe eine strukturelle Vergleichbarkeit mit Fremdwährungen. Im Übrigen liege ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht vor. Dieses werde insbesondere nicht durch die anonyme Veräußerung begründet.
Praxistipp: Gegen das Urteil des FG Köln liegt die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Az. IX R 3/22 vor. Die gegen das Urteil des FG Baden-Württemberg eingelegte Revision (Az. IX R 27/21) wurde hingegen zurückgenommen. Im Übrigen hat die Finanzverwaltung soeben erst noch einmal ausführlich zur steuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen Stellung bezogen (BMF-Schreiben vom 10.5.2022, Z IV C 1 - S 2256/19/10003 :001). Wir werden Sie darüber noch gesondert informieren.
Der Bundestag hat am 19.5.2022 das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz verabschiedet; der Bundesrat hat dem Gesetz zugestimmt. Unter anderem wurden folgende Maßnahmen beschlossen:
Wer seinen Firmen- oder Geschäftswagen auch privat nutzt bzw. nutzen darf, muss einen Privatanteil versteuern. Dieser wird per Ein-Prozent-Regelung ermittelt, es sei denn, es wird ein Fahrtenbuch geführt. Dieses muss allerdings ordnungsgemäß sein. Kleinere Mängel sollen zwar nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs und zur Anwendung der Ein-Prozent-Regelung führen, doch die Praxis ist oft eine andere. Die Finanzämter sind streng und verzeihen Fehler eher selten.
Im Jahre 2021 hat das Finanzgericht München entschieden, dass ein handschriftlich geführtes Fahrtenbuch leserlich sein muss, und zwar für die Mitarbeiter der Finanzverwaltung oder die Richter des Finanzgerichts. Es reicht nicht aus, dass der Kfz-Halter seine eigene Handschrift "entziffern" kann (Urteil vom 9.3.2021, 6 K 2915/17). Der Sachverhalt: Der Steuerzahler gab zum einen an, er hätte dem Finanzamt bereits die Originale der Fahrtenbücher ausgehändigt und die geminderte Qualität, die durch die Kopien hervorgerufen worden sei, müsse das Finanzamt gegen sich gelten lassen. Zum anderen versuchte er, seine offenbar wenig leserliche Handschrift damit zu entschuldigen, dass er an Arthritis leide. Finanzamt und Finanzgericht ließen die Argumente aber nicht gelten und verwarfen die Fahrtenbücher.
Handschriftliche Aufzeichnungen müssen lesbar sein, da sie andernfalls ihren Zweck nicht erfüllen können. Dazu genüge es nicht, dass der Steuerpflichtige vorgibt, seine Aufzeichnungen selbst lesen zu können, denn sie dienen nicht dem Steuerpflichtigen als Erinnerungsstütze, sondern zum Nachweis gegenüber dem Finanzamt. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Originale besser lesbar sein könnten. Eine Beweiserhebung über die Fahrtenbücher durch das Gutachten eines Graphologen komme im Streitfall nicht in Betracht. Den Finanzrichtern im zuständigen Senat genüge die eigene Sachkunde im Punkt Lesen. Dabei gehe man davon aus, dass für ein ordentliches Fahrtenbuch die allgemeine Lesbarkeit Voraussetzung ist.
Praxistipp:
Gegen das Urteil liegt zwischenzeitlich die Revision beim Bundesfinanzhof vor (Az. VIII R 12/21). Unter anderem muss dieser nun der Frage nachgehen, ob die Unleserlichkeit von Fahrtenbüchern durch ein nachträglich erstelltes Transkript geheilt werden kann. In der Praxis sollte man es aber auf einen Streit erst gar nicht ankommen lassen, sondern Fahrtenbücher ordnungsgemäß führen.
01.05.2022
Grundsätzlich müssen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren Wirtschaftsgütern mit einer Nutzungsdauer von mehr als einem Jahr auf die Jahre der Nutzung verteilt, das heißt abgeschrieben werden. Eine Ausnahme gilt indes für geringwertige Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten von maximal 800 Euro (netto). Diese dürfen sofort in einer Summe abgeschrieben werden.
Zur Förderung der Arbeit im Homeoffice hat die Finanzverwaltung im letzten Jahr überraschend verfügt, dass die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von Computer-Hardware und Anwendersoftware generell ein Jahr beträgt, wenn Geräte oder Lizenzen seit dem 1. Januar 2021 erworben worden sind. Das bedeutet: Die Anschaffungskosten können im Jahr der Anschaffung in vollem Umfang als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgesetzt werden, und zwar unabhängig von der Höhe des Kaufpreises. Die vorherige Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter spielt für PCs, Notebooks und Software keine Rolle mehr (BMF-Schreiben vom 26.2.2021, BStBl 2021 I S. 2989). Wie zu erwarten, gab es bereits zahlreiche Fragen zu der Neuregelung. Zumindest einige dieser Fragen hat das Bundesfinanzministerium nun beantwortet. Zum Beispiel:
Es kam die Frage auf, ob bei einem unterjährigen Kauf tatsächlich die volle Sofortabschreibung möglich ist oder ob - zum Beispiel bei einem Kauf im Dezember - lediglich zeitanteilig 1/12 abgezogen werden dürfen. Das BMF stellt nun klar: Es wird nicht beanstandet, wenn die Abschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in voller Höhe vorgenommen wird. Offenbar war auch zweifelhaft, ob Unternehmer und Arbeitnehmer statt der Sofortabschreibung weiterhin über drei Jahre abschreiben dürfen. Die Antwort: Wer möchte, kann Geräte und Software aber auch wie bisher über drei Jahre abschreiben.
Bei Unternehmern stellte sich zudem die Frage, ob die voll abgeschriebenen Computer - mit einem Erinnerungswert von 1 Euro - in einem Anlageverzeichnis aufzuführen sind. Auch diesbezüglich sorgt das BMF aktuell für Klarheit: Die Wirtschaftsgüter sind in das Bestandsverzeichnis aufzunehmen (R 5.4 EStR 2012).
Praxistipp: Wer die aktuelle Anweisung der Finanzverwaltung liest, kann schnell den Eindruck gewinnen, dass die Anschaffungskosten für Computer und Notebooks "ohne Wenn und Aber" steuerlich abziehbar sind. Doch ganz so einfach ist es nicht. Unternehmer, die Geräte für sich oder für die Nutzung durch ihre Mitarbeiter anschaffen, werden zwar selten Probleme mit dem Finanzamt haben. Arbeitnehmer, die Computer selbst kaufen, werden die berufliche Nutzung ihres PCs oder Notebooks gegenüber dem Finanzamt aber - wie auch früher schon - glaubhaft machen müssen, um einen vollen oder zumindest einen anteiligen Abzug als Werbungskosten zu erreichen.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können nur dann als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall können Aufwendungen bis zu 1.250 Euro berücksichtigt werden. Bildet das Arbeitszimmer gar den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung, können die Aufwendungen der Höhe nach unbeschränkt abgezogen werden. Nun hat der Bundesfinanzhof bestätigt, dass ein Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht zusätzlich voraussetzt, dass das Arbeitszimmer für die Tätigkeit des Steuerpflichtigen erforderlich ist. Wird der Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für berufliche oder betriebliche Zwecke genutzt, genügt das für den Abzug (BFH-Urteil vom 3.4.2019, VI R 46/17, erst jetzt veröffentlicht).
Im Streitfall machte eine Flugbegleiterin Aufwendungen in Höhe von 1.250 Euro für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Für die dort verrichteten Arbeiten stand ihr unstreitig kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Das Finanzamt akzeptierte die Kosten jedoch nicht. Wegen des sehr geringen zeitlichen Umfangs der Arbeiten, die im Arbeitszimmer verrichtet wurden, sei das Vorhalten des Arbeitszimmers nicht erforderlich, da diese Arbeiten auch andernorts, etwa am Küchentisch, hätten ausgeführt werden können. Dem folgte der BFH nicht. Ob ein Steuerpflichtiger die Arbeiten, für die ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, leicht an einem anderen Ort in der Wohnung - am Küchentisch, im Esszimmer oder in einem anderen Raum - erledigen könne, sei unerheblich.
Praxistipp: Trotz des positiven Urteils ist der Abzug der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer noch nicht sicher - der Fall wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese müsse prüfen, ob das Arbeitszimmer nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wurde oder ob die Klägerin dort auch private Tätigkeiten verrichtet hat. Gelangt das Finanzgericht zu der Erkenntnis, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Nutzung des Arbeitszimmers auf private Tätigkeiten (z.B. Erledigung privater Korrespondenz, Aufbewahrung privater Unterlagen) entfällt, scheidet ein Abzug der Aufwendungen wegen der "gemischten Nutzung" aus.
Kinderbetreuungskosten, also auch Kindergartenbeiträge, sind unter bestimmten Voraussetzungen als Sonderausgaben absetzbar, und zwar mit zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4.000 Euro je Kind. Begünstigt sind Dienstleistungen zur Betreuung eines Kindes, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Sonderregelungen gelten für Kinder mit einer Behinderung. Darüber hinaus sind Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Mitarbeiter in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen steuerfrei, wenn diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden (§ 3 Nr. 33 EStG). Aber: Die als Sonderausgaben abziehbaren Kindergartenbeiträge sind um die dazu geleisteten steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse zu kürzen. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 14.4.2021 (III R 30/20) entschieden und nun in einem aktuellen Urteil erneut bekräftigt (BFH-Urteil vom 1.9.2021, III R 54/20).
Der Sachverhalt: Das im Oktober 2016 geborene Kind besuchte im Jahre 2018 den Kindergarten. Die Eltern zahlten hierfür Kindergartenbeiträge in Höhe von 4.265 Euro. In dieser Höhe erhielt der Vater von seinem Arbeitgeber zur Unterbringung und Betreuung des Kindes Leistungen, die nach § 3 Nr. 33 EStG steuerfrei belassen wurden. In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Eltern die von ihnen gezahlten Kindergartenbeiträge als Sonderausgaben geltend, was ihnen jedoch vom Finanzamt versagt wurde. Klage und Revision scheiterten. Begründung: Soweit eine steuerfreie Leistung durch den Arbeitgeber nach § 3 Nr. 33 EStG erfolgt, stellt die Zahlung wirtschaftlich betrachtet eine Erstattung der Kinderbetreuungskosten dar. Ein Sonderausgabenabzug kann aber nur bei Kosten erfolgen, mit denen der Steuerpflichtige wirtschaftlich belastet ist.